Literaturrecherche
- Wie gehe ich eine systematische Literaturrecherche an?
- Wie bereite ich den aktuellen Forschungsstand auf?
- Wie entwickle ich den theoretischen Hintergrund?
- Wie leite ich meine Forschungsfragen und Hypothesen ab?
- Beispiel einer Literaturrecherche.
Was ist das Ziel der Literaturrecherche?
Das Ziel einer Literaturrecherche ist es, den aktuellen Forschungsstand zu erfassen und zu beschreiben, den theoretischen Hintergrund der Arbeit zu erarbeiten und die Forschungshypothesen abzuleiten. Auf alle drei Bereiche gehen wir nun ein, starten wir mit der systematischen Literaturrecherche.
Systematische Literaturrecherche
Bevor du mit der systematischen Literaturrecherche startest, ist es wichtig, dass du dich informierst, was von Seiten deiner Uni/FH bzw. deines Betreuers/deiner Betreuerin erwartet wird. Hierbei sind vor allem folgende Fragen wichtig: Wie umfassend muss dein Literaturteil sein? Welche Datenbanken sind in deinem Fachgebiet wichtig? Wie sollst du die Literaturrecherche in deiner Arbeit darstellen?

In deiner Abschlussarbeit ist es wichtig, dass die Literaturrecherche nicht das Ergebnis von zufälligen Funden ist, sondern du möglichst zielgerichtet bei der Suche vorgehen.
Hierfür gehst du am besten die folgenden 5 schritte durch. Starten wir mit dem ersten, die Suchbegriffe finden.
1) Suchbegriffe
Wenn du dein Forschungsthema ausgewählt und dein Forschungsproblem eingrenzt hast, brauchst du als erstes gute Suchbegriffe. Am besten du erstellst eine Liste mit möglichen Schlag- und Stichwörtern. Dabei sind sowohl allgemeinere Oberbegriffe als auch spezifische Unterbegriffe wichtig.
Wichtig: Du solltest alle Suchbegriffe auch ins Englische übersetzen, um den internationalen Forschungsstand zu erfassen.
2) Datenbanken abfragen
Super ist es, wenn du möglichst viele Fachzeitschriftenartikel und Fachbücher zu deinem Thema findest. Diese wiederum befinden sich in elektronischer Form in Literaturdatenbanken. Tipp: Informiere dich vorab, welche Datenbanken in deiner Studienrichtung besonders wichtig sind.
3) Schneeballsystem
Neben der eigenen Suche gibt es noch einen Weg, wie du rasch zu brauchbaren Literaturquellen kommen kannst: Dazu schaust du dir am besten die Literaturverzeichnisse anderer Abschlussarbeiten oder Fachzeitschriftenartikel an. So kommst du rascher vorwärts und bist gleich im richtigen Gebiet unterwegs. Wichtig dabei ist aber, dass du dir selbst ein Bild von den Literaturquellen machst und sie nicht einfach „blind“ übernimmst.
4) Literatur sichten
Jetzt musst du die nützlichen Quellen aus deiner Trefferliste herausfiltern. Da deine Zeit begrenzt ist und du ja auch mal fertig werden möchtest mit deiner Abschlussarbeit, kannst du natürlich nicht alle Quellen lesen. Du verschaffst dir also am besten einfach einen Überblick über das jeweilige Werk und entscheidest dann, welches es wert ist, genauer gelesen zu werden. Dazu kannst du zum Beispiel die Abstracts lesen.
5) Literatur beschaffen
Zum Schluss musst du dir die Volltexte der ausgewählten Quellen beschaffen. Du findest Volltexte zum Beispiel im Internet oder in der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB)
Flussdiagramm
Manchmal ist es Vorgabe der Uni/FH die systematische Literaturrecherche in Form eines Flussdiagrammes darzustellen. Wenn du deine Literaturrecherche in einem Flussdiagramm darstellen möchtest, dann kannst du das folgender maßen machen:

Ganz oben notierst du die Anzahl der gefundenen Studien, dann kommt die Anzahl der Studien, in die du einen Blick reingeworfen hast, also z.B. das Exposé gelesen hast. Dann kommen die Studien, die du komplett durchgearbeitet hast und schließlich die Anzahl der Studien, die du in deiner Arbeit verwendest und die damit auch in deinem Literaturverzeichnis auftauchen.
Wie gesagt, die Dokumentation der Literaturrecherche ist eigentlich kein muss, wird aber von einigen betreuen gefordert. Am Ende des Tages sind die 38 Studien wichtig, die du in deiner Arbeit verwendest.
Damit wissen wir nun, wie eine systematische Literaturrecherche geht und können nun besprechen, was in den Literaturteil kommt, der Forschungsstand, die verwendeten Theorien und die abgeleiteten Hypothesen. Starten wir mit dem Forschungsstand.
Forschungsstand
Im Abschnitt Forschungsstand fasst du die wichtigsten Forschungsergebnisse aus der Literatur zu deinem Thema zusammen. Dabei solltest du auf folgende Punkte eingehen:
- Wie hat sich die Forschung in den letzten Jahren verändert?
- Was ist der aktuelle Forschungsstand?
- In welche Richtung geht die Forschung?
- Wie passt deine Arbeit in den Forschungsstand?
Dabei kannst du den Forschungsstand entweder thematisch oder chronologisch aufarbeiten.

Wenn du chronologisch vorgehst, sortierst du die Studien nach dem Erscheinungsjahr. Wenn du thematisch vorgehst, sortierst du die Studien nach ihrem Inhalt.
Theorien
Der zweite Teil der Literaturrecherche ist, die benötigten Theorien zu finden, auf die du dich in deiner quantitativen Abschlussarbeit beziehst. Du solltest eine oder mehrere wissenschaftliche Theorien auswählen, die passend zu deinem Forschungsthema sind.
Mithilfe der in der Literatur gefundenen Theorien erarbeitest du deine Hypothesen bzw. leitest deine Hypothesen aus der Theorie ab. Am Ende deiner Arbeit kannst du deine Ergebnisse anhand der Theorien einordnen.
Was sind eigentlich Theorien?
In deiner quantitativen Forschung betrachtest du einen kleinen Ausschnitt der Realität. Obwohl es sich meistens nur um einen kleinen Ausschnitt der Realität handelt, ist dieser kleine Ausschnitt sehr komplex. Daher wird versucht, in sich widerspruchsfreie Aussagen bzw. Theorien aufzustellen. Es gibt also die Realität, die sehr komplex ist und um sie besser zu verstehen, werden Theorien über die Realität gebildet.

Von diesen Theorien werden schließlich Hypothesen abgeleitet. Die Hypothesen werden so formuliert, dass sie im weiteren Forschungsprozess mit gesammelten Daten getestet werden können. Daher kannst du dann prüfen, ob die Theorien mit deinen gesammelten Daten bestätigt werden oder nicht.
Natürlich müssen dafür erst mal Theorien gebildet werden, dies ist aber eher Aufgabe der qualitativen Forschung. In der qualitativen Forschung wird versucht, anhand gesammelter Daten bzw. Beobachtungen eine Theorie zu entwickeln. Dies ist dann ein induktives Vorgehen. In der Realität beobachtete Regelmäßigkeiten werden generalisiert.

Mithilfe der quantitativen Forschung können dann die entwickelten Theorien geprüft werden. Das ist dann ein deduktives Vorgehen. Die Theorien durch Beobachtungen zu prüfen, ist also Aufgabe der quantitativen Forschung. Die Frage ist dann stimmt die Theorie mit den beobachteten Ergebnissen überein?
So, nun fassen wir noch mal alles zusammen: Die komplexe Realität wird mithilfe von Theorien erklärt. Diese Theorien möchtest du nun mithilfe von Hypothesen prüfen.

Dafür erhebst du quantitative Daten aus der Realität und analysierst diese. Zum Schluss kannst du die Ergebnisse interpretieren und schauen, ob die Ergebnisse im Einklang mit den verwendeten Theorien sind.
"Theorien sind die Hauptinformationsträger der wissenschaftlichen
Erkenntnis …"
Günther Schanz (1988)
Also alle Erkenntnis, die aus der Realität gewonnen wird, wird in Theorien gesammelt.
Wie findest du passende Theorien?
Die Theorien stammen natürlich aus der Literatur. Um die für dein Thema passenden Theorien zu finden, kannst du dich natürlich von den Veröffentlichungen aus deinem Bereich inspirieren lassen des Weiteren gibt es Literatur, die sich ausführlich mit Theorien beschäftigt, beziehungsweise Literatur, die sich rein um eine Theorie dreht.
Nachdem du die Theorien gefunden hast, du zu deinem Thema passen bzw. die du verwenden möchtest, um dein Zentrale Forschungsfrage zu beantworten, kannst du nun Hypothesen Formulieren, um deine Forschungsfrage zu prüfen. Dabei ist es wichtig, dass du die Hypothesen so formulierst, dass du sie mit gesammelten Daten prüfen kannst.
Beispiel Literaturrecherche
Schauen wir uns das erst mal an einem Beispiel an. Sagen wir, unser Thema ist:

Hierfür hast du dir eine Liste mit Suchbegriffen erstellt und eine Literaturrecherche durchgeführt. Du hast zum Beispiel nach den folgenden Begriffen gesucht: Jobstress, Arbeitsbelastungen, Gesundheit am Arbeitsplatz etc.

Am Ende deiner Recherche hast du eine ganze Menge an Studien gefunden, die du für deine Arbeit verwenden möchtest und du schreibst den Forschungsstand zusammen.

Als Theorie verwendest du das Modell der beruflichen Gratifikationskrisen von Johannes Siegrist.
Theorie:
Modell der beruflichen Gratifikationskrisen
Autor: Johannes Siegrist
Was ist der Inhalt der Theorie? Es ist eine Theorie über die Auswirkungen belastender Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit von Erwerbstätigen. Ein Missverhältnis zwischen Anforderungen (effort) und Belohnung (reward) führt zu einem hohen Stresslevel der Erwerbstätigen und zu einer schlechteren psychischen Gesundheit.
Aus der Theorie leitest du nun die Hypothese ab:
Je mehr berufliche Gratifikationen (z.B. gute Bezahlung, Wertschätzung etc.) Erwerbstätige bekommen, desto besser ist ihre psychische Gesundheit.
Du möchtest, dass die Hypothese möglichst gut mit Hilfe von Daten beantwortet werden kann, also machst du aus dieser zwei Hypothesen.
Je mehr Wertschätzung Erwerbstätige erhalten, desto besser bewerten sie ihre psychische Gesundheit.
Je unzufriedener Erwerbstätige mit ihrer Bezahlung sind, desto schlechter bewerten sie ihre psychische Gesundheit.
Jetzt musst du nur noch mithilfe der Literatur herausfinden, wie du am besten die „erhaltene Wertschätzung“ und die „psychische Gesundheit“ messen kannst bzw. Die „Zufriedenheit mit der Bezahlung“ und die „psychische Gesundheit“.
Dann kannst du einen Fragebogen erstellen und mittels einer Umfrage deine Zielgruppe befragen. Die erhobenen Daten kannst du dann mithilfe einer Korrelationsanalyse auswerten. Zum Thema Hypothesen und Hypothesentest aber mehr in dem nachfolgenden Tutorial.
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