Empirische Forschung
Empirische Forschung ist eine Forschungsmethode, um an neues Wissen bzw. Erkenntnisse über die Realität zu kommen. Empirische Forschung wird dabei aufgeteilt in die qualitative Forschung und die quantitative Forschung.
Aber was heißt empirisch? Empirisch stammt von gr. Empeiria ab und empeiria bedeutet Erfahrung, Beobachtung. Empirisches Wissen kann man daher als Erfahrungswissen ansehen.
Das Ziel der empirischen Forschung ist es, Erfahrungen über die Realität zu sammeln und/oder Erfahrungen über die Realität zu prüfen. Der erste Bereich ist in der Regel Aufgabe der qualitativen Forschung und der zweite Bereich ist Aufgabe der quantitativen Forschung.
Damit haben wir nun schon zwei Dinge gelernt. Erstens, dass es bei empirischer Forschung darum geht, Wissen über die Realität zu sammeln bzw. zu generieren.
Und zweitens, dass die empirische Forschung aufgeteilt wird in qualitative Forschung und in quantitative Forschung.
Wie wir später noch sehen werden, hat die qualitative und die quantitative Forschung jeweils unterschiedliche Anwendungsfälle. Je nachdem, was du mit deiner Abschlussarbeit erforschen möchtest, passt es besser an das Thema qualitativ oder quantitativ heranzugehen. Wichtig: Beide Zugänge haben Vor- und Nachteile!
Beispiel für empirische Forschung
Schauen wir uns das an einem vereinfachten Beispiel an! Gehen wir davon aus, dich interessiert das Thema:
Thema
Wie gehen Menschen im Wiener Gemeindebau mit der gestiegenen Inflation bzw. Teuerung um?
Das ist eine offene Frage und du entschließt dich, das Thema qualitativ anzugehen. Um diese Frage zu beantworten, führst du Interviews mit Personen aus dem Wiener Gemeindebau durch.
Aus den Interviews geht hervor:
Ältere Menschen im Wiener Gemeindebau treffen mehr Sparmaßnahmen als jüngere Menschen, zum Beispiel in dem sie bei Lebensmitteln auf günstigere Eigenmarken umsteigen.
Daraus leitest du die folgende Hypothese ab:
Hypothese
Ältere Menschen im Wiener Gemeindebau treffen mehr Sparmaßnahmen aufgrund der gestiegenen Inflation bzw. Teuerung als jüngere Menschen.
Diese Hypothese kannst du nun neben anderen im Rahmen einer quantitativen Studie prüfen. Hierfür überlegst du dir zunächst, wie du „Umfang der Sparmaßnahmen“ messbar machen kannst. Anschließend fragst du dann in einem standardisierten Fragebogen unter anderem das Alter und die „Umfang der Sparmaßnahmen“ ab. Diesen Vorgang nennt man Operationalisierung.
Nun kannst du beispielsweise mit einem Hypothesentest prüfen, ob es eine signifikante positive Korrelation zwischen Alter und Umfang der Sparmaßnahmen gibt.
Wäre das der Fall, hättest du ein Indiz, das im Wiener Gemeindebau das Alter einen positiven Einfluss auf den Umfang der Sparmaßnahmen hat.
Quantitative vs. qualitative Forschung
Was ist nun der Unterschied zwischen qualitativer und quantitativer Forschung?
Hypothesen entwickeln vs Hypothesen testen
In den meisten Fällen möchten wir mit der qualitativen Forschung Hypothesen entwickeln und mithilfe quantitativer Forschung möchten wir Hypothesen testen bzw. prüfen. Natürlich kann eine quantitative Arbeit auch rein deskriptiv oder explorativ sein, sodass du keine Hypothesen testest, das ist aber bei Abschlussarbeiten eher selten.
Dadurch, dass wir bei der qualitativen Forschung Hypothesen entwickeln möchten, ist es natürlich vorab nicht notwendig, Hypothesen zu formulieren. Da wir keine Hypothesen vorab formulieren, brauchen wir natürlich wenig Vorinformation und sind offen für Neues und Unerwartetes.
Qualitative Forschung
Das Ziel ist es, anhand von gesammelten Daten auf neue Ideen zu kommen und neue Hypothesen zu entwickeln.
Daher eignet sich qualitative Forschung gut für noch unbekannte Forschungsfelder und hat einen explorativen Charakter.
In der quantitativen Forschung möchten wir Hypothesen testen, daher müssen wir diese Hypothesen natürlich vorab formulieren.
Da diese Hypothesen nicht aus dem Nichts kommen, müssen wir zuerst eine gründliche Literaturrecherche durchführen und vorab Informationen einholen.
Quantitative Forschung
Ziel ist es, Hypothesen anhand erhobener Daten zu prüfen.
Quantitative Forschung eignet sich also gut für bekannte Forschungsgebiete, zu denen es schon Literatur gibt.
Daher ist ein Thema noch sehr unerforscht und es müssen ein Problemverständnis bzw. Theorien entwickelt werden. Dann ist das Aufgabe der qualitativen Forschung, es werden neue Theorien formuliert. Anschließend werden diese Theorien dann geprüft. Das ist Aufgabe der quantitativen Forschung! Theorie prüfen. Beides wird in den meisten Fällen auf separate Forschungsarbeiten aufgeteilt.
Offene vs. standardisierte Datenerhebung
In beiden Fällen, in der qualitativen und der quantitativen Forschung, brauchst du Daten um dein Forschungsthema zu bearbeiten. Beide Bereiche unterscheiden sich jedoch in der Datenerhebung, also darin, wie die Daten gesammelt werden.
In einer qualitativen Abschlussarbeit werden die Daten in einer offenen Form erhoben, bei einer quantitativen Abschlussarbeit in einer standardisierten Form. Schauen wir uns das an zwei Beispielen an:
In deiner qualitativen Arbeit könntest du den Teilnehmern deiner Studie die folgende Frage stellen:
„Wenn Sie an Ihre Gesundheit denken, wie würden Sie diese im Moment beschrieben?“
Du stellst also eine offene Frage und die Antwort von jedem Befragten wird sich höchst wahrscheinlich unterscheiden. Dies bedeutet, jeder befrage, wird dir seine Gedanken zur Frage erzählen.
Im quantitativen Fall würdest du deine Frage standardisieren, zum Beispiel würdest du fragen:
„Wie gesund fühlen Sie sich auf einer Skala von 1 bis 5?“
- 1=nicht gesund
- 2=eher nicht gesund
- 3=teils/teils
- 4=eher gesund
- 5=sehr gesund
Die Antwortmöglichkeiten sind genau vorgeben, die Teilnehmer können nur einen Wert von 1 bis 5 ankreuzen.
Ein weiteres Beispiel wäre:
Bitte beschreiben Sie mir, wie zufrieden Sie mit Ihrem derzeitigen Job sind.“
Und das Gegenstück in der quantitativen Forschung:
„Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem derzeitigen Job auf einer Skala von 1 bis 5?“
- 1=nicht zu frieden
- 5=sehr zufrieden
Also in der qualitativen Forschung stellst du eine offene Frage und möchtest neue Erkenntnis gewinnen. Im ersten Fall könnten zum Beispiel Teilnehmer antworten:
Du könntest also zu der Erkenntnis kommen, dass der Gesundheitszustand und die Zufriedenheit im Job irgendwie miteinander zu tun haben und könntest daraus eine Hypothese formulieren. In diesem Fall kannst du aber nicht testen, ob der Gesundheitszustand und die Zufriedenheit im Job wirklich miteinander in Beziehung stehen.
Hättest du nun die Hypothese aufgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit im Job und dem subjektiven Gesundheitszustand gibt, dann könntest du diese Hypothese nun im Rahmen einer quantitativen Forschung überprüfen.
Dabei könntest du analysieren, ob hohe Werte bei der ersten Frage mit hohen Werten bei der zweiten Frage einhergehen. Damit könntest du prüfen, ob es einen signifikanten Zusammenhang gibt.
Daher, wie schon gesagt, mit der qualitativen Forschung möchte man Zusammenhänge entdecken, mit der quantitativen Forschung möchte man in den meisten Fällen Zusammenhänge prüfen.
Methoden der Datenerhebung
Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn es um die Unterschiede zwischen qualitativen und quantitativen Methoden geht, ist die Art der Datenerhebung.
In einer quantitativen Arbeit verwendest du zum Beispiel qualitative Interviews oder Beobachtungen, um an deine Daten zu kommen.
Die Daten, die du erhältst, sind sogenannte weiche Daten. Weiche Daten sind nichtnumerische Daten wie z.B. Texte, Bilder und Videos. Hast du z.B. Interviews mit Personen geführt, diese aufgezeichnet und niedergeschrieben, also transkribiert, dann liegen deine Daten in Textform vor.
Bei einer quantitativen Arbeit hingegen verwendest du zum Beispiel standardisierte Umfragen oder ein Experiment.
In diesem Fall handelt es sich um Harte-Daten bzw. numerische Daten. Harte Daten sind mit genau definierten, möglichst quantifizierten Messmethoden als Messzahlen gewonnen.
Die gewonnenen Daten können dann mit statistischen Methoden nach klaren Regeln ausgewertet werden.
Qualitativer und quantitativer Forschungsprozess
Wie sieht nun der Forschungsprozess in einer qualitativen und quantitativen Abschlussarbeit aus?
In der qualitativen Forschung haben wir einen zirkulären Forschungsprozess. Das heißt, es gibt wenig strukturierte Abläufe und der Prozess kann flexibel gestaltet werden. Schleifen und die Rückkehr zu vorherigen Schritten sind möglich.
Im Gegensatz dazu haben wir in der quantitativen Forschung einen linearen Forschungsprozess. Es gibt also einen stark strukturierten Ablauf mit klar definierten Schritten. Schleifen und die Rückkehr zu vorherigen Schritten sind meistens nicht möglich bzw. üblich.
Schauen wir uns das an dem Beispiel der Datenerhebung an.
Im qualitativen Fall:
Es wird mit den ersten Interviews begonnen, diese werden ausgewertet. Auf Basis der Ergebnisse werden neue Interviewpartner ausgewählt. Dies bezeichnet man als theoretisches Sampling.
Und im quantitativen Fall:
Es wird vorab eine Stichprobe definiert und gezogen und dann die Erhebung durchgeführt. Danach werden die Daten ausgewertet.
Fallauswahl und Stichprobenziehung
Auch wenn es um die Auswahl der Untersuchungspersonen geht, gibt einen Unterschied zwischen qualitativer und quantitativer Forschung.
In der qualitativen Forschung hast du eher eine kleine Stichprobe, also wenige Personen werden beforscht und in der quantitativen Forschung eher eine große Stichprobe.
Des Weiteren ist in der qualitativen Arbeit die Stichprobengröße offen und kann im Laufe der Abschlussarbeit angepasst werden, bei einer quantitativen Arbeit wird die Stichprobengröße, bevor die Erhebung startet, festgelegt.
Im qualitativen ist das Ziel, jede einzelne Untersuchungsperson sehr genau zu betrachten, im quantitativen Fall ist das Ziel, verallgemeinernde Aussagen über eine „große“ Gruppe zu treffen.
Daher jetzt die Frage, wann ist die Erhebung beendet?
Im qualitativen Fall, wenn es keine neuen Erkenntnisse mehr gibt. Dies wird theoretische Sättigung genannt. Natürlich kann auch stopp sein, wenn die Ressourcen erschöpft sind oder du die Anzahl der Personen erreicht hast, die dir von deinem Betreuer vorgegeben sind.
Und im quantitativen Fall? Wenn die vorab festgelegte Personenzahl erreicht ist.
Damit hast du nun einen guten Überblick über die empirische Forschung bekommen und wir starten jetzt mit den Tutorials zur quantitativen Abschlussarbeit .
Statistik leichtgemacht
- Viele anschauliche Beispiele
- Ideal für Prüfungen und Abschlussarbeiten
- Statistik leichtgemacht auf 321 Seiten
- 4. überarbeitete Auflage (April 2024)
- Nur 7,99 €
"Super einfach geschrieben"
"Einfacher geht es nicht"
"Soviele hilfreiche Beispiele"
Fragebogen leichtgemacht
Dieses e-Buch gibt dir die wichtigsten Informationen die du für die Erstellung deines Fragebogens brauchst,
- Viele anschauliche Beispiele
- Ideal für die Abschlussarbeit
- Fragebogen leichtgemacht auf 61 Seiten
- 3. überarbeitete Auflage (April 2024)
- Nur 3,99 €
Statistik leichtgemacht
Endlich ohne Probleme Statistik verstehen.
Mit diesem e-Book verstehst du mit vielen Bilder und einfachen Text die Grundlagen der Statistik.