Vollfaktorieller Versuchsplan
Ein vollfaktorieller Versuchsplan ist eine systematische Methode, um die Effekte und möglichen Wechselwirkungen mehrerer Faktoren auf eine Antwortvariable zu untersuchen. Im Gegensatz zum teilfaktoriellen Versuchsplan werden beim vollfaktoriellen Versuchsplan alle möglichen Kombinationen der Faktorenstufen einbezogen.

Das Ziel ist es also, die Auswirkungen von verschiedenen Eingangsgrößen auf eine Ausgangsgröße zu untersuchen. Die Eingangsgrößen vom System werden Faktor genannt und die Ausgangsgröße wird Zielgröße genannt.

Faktoren sind die Variablen, von denen angenommen wird, dass sie die Zielgröße beeinflussen. Jeder Faktor hat nun mindestens zwei Stufen bzw. Ausprägungen. Diese Stufen sind die spezifischen Werte, die ein Faktor annehmen kann. Und wir wollen herausfinden, ob eine Änderung der Faktorstufen einen Einfluss auf die Zielgröße hat.
Vorteile vollfaktorielle Versuchsplanung
Gründliche Analyse: Durch das Testen aller möglichen Kombinationen erhalten Sie ein vollständiges Bild davon, wie die Faktoren das Ergebnis beeinflussen.
Wechselwirkungen: Ein vollfaktorieller Versuchsplan erlaubt es, Wechselwirkungen zwischen den Faktoren zu erkennen. Das bedeutet, dass Sie nicht nur die isolierte Wirkung jedes Faktors messen, sondern auch untersuchen können, wie sich Faktoren in Kombination auswirken.
Nachteile vollfaktorielle Versuchsplanung
Kosten und Zeit: Da alle möglichen Kombinationen getestet werden müssen, kann der Versuchsplan bei einer großen Anzahl von Faktoren und Stufen sehr aufwändig werden. Bei vielen Faktoren steigen die Versuchsanzahl und -kosten exponentiell.
Vollfaktorieller Versuchsplan Beispiel

Mit hilfe eines vollfaktpriellen Versuchsplans möchten wir herausfinden, was das Reibmoment eines Lagers beeinflusst. In diesem Fall ist das Reibmoment natürlich unsere Zielgröße. Mögliche Faktoren könnten die Schmierung oder die Temperatur sein. Bei der Schmierung könnte es die Faktorstufen geölt und gefettet geben und bei der Temperatur die Faktorstufen niedrig, mittel und hoch.

Jetzt wollen wir wissen, welchen Einfluss die verschiedenen Stufen auf die Antwortvariable haben. Hierbei kann uns nun ein Vollfaktorieller Versuchsplan helfen!
Warum braucht man DoE?
Versuche kosten Zeit und Geld! Daher möchte man die Anzahl der Versuche möglichst klein halten. Aber Achtung, ist der Versuchsumfang zu klein, ist die Gefahr groß, dass man relevante Unterschiede nicht erkennt.
Schauen wir uns das an unserem Beispiel an. Wir möchten untersuchen welche Faktoren einen Einfluss auf das Reibmoment eines Lagers haben.

Starten wir erstmal mit einem Faktor, der Schmierung. Wir möchten wissen, ob es einen Einfluss auf das Reibmoment hat, ob ein Lager geölt oder gefettet ist?

Um das herauszufinden, ziehen wie eine Stichprobe von 10 Lagern. Die eine Hälfte der Lager ölen wir und die andere Hälfte der Lager fetten wir.

Nun können wir das Reibmoment von den 5 geölten Lagern und von den 5 gefetteten lagern messen. Aber warum eigentlich 10 Lager?

In den meisten Fällen kostet jeder Versuch viel Geld, vielleicht kommen wir ja auch mit weniger Versuchen aus?
Also, wie groß muss der Versuchsumfang sein, um eine Aussage zu treffen, ob das Schmiermittel einen Einfluss auf das Reibmoment hat?
Starten wir einfach mal mit den 10 Lagern. Nun können wir uns den Mittelwert des Reibmoments von den geölten und den gefetteten Lagern berechnen. Von beiden Mittelwerten können wir uns dann die Differenz ausrechnen.

In dieser Stichprobe sehen wir also, dass es einen Unterschied zwischen geölt und gefettet gibt. Nun sehen wir aber schon, das innerhalb der geölten und der gefetteten Lager das Reibmoment stark schwankt. Wenn wir nochmal eine Stichprobe von jeweils 5 Lagern ziehen, kann es sein, das diesmal der Unterschied größer ist, aber auch, das der Unterschied genau in die andere Richtung geht.
Also das Reibmoment der Lager streut. Umso größer die Streuung ist, desto schwerer ist es einen gewissen Unterschied bzw. Effekt festzustellen.

Zum Glück kann die Streuung des Mittelwertes aber dadurch reduziert werden, dass die Stichprobengröße erhöht wird. Je größer die Stichprobe ist, desto sicherer kann man sagen, wo sich der Mittelwert befindet.
Daher, je kleiner der Effekt ist, der relevant ist, und je stärker die Streuung der Zielgröße, desto größer muss die Stichprobe sein.
Versuchsumfang bestimmen
Um die Anzahl der Versuche zu berechnen, kannst du diese Formal als Annährung verwenden. Hierbei ist N der Versuchsumfang, Sigma die Standardabweichung und Delta der zu bestimmende Effekt.

Wenn wir zum Beispiel eine Standardabweichung von 3 Nmm haben und ein Unterschied von 5 Nmm für uns relevant ist, dann brauchen wir 22 Versuche. Wenn wir nur eine Standardabweichung von 2 Nmm haben brauchen wir nur 10 Versuche und bei einer Standardabweichung von 1 Nmm kommt 2,4 raus. Also brauchen wir 2 Versuche mit gefettet und zwei Versuche mit geölten Lagern.

Aber wie kann dir nun ein Vollfaktorieller Versuchsplan dabei helfen, die Anzahl der Versuche zu reduzieren?
Was ist, wenn wir neben der Schmierung noch einen zweiten Faktor haben? Sagen wir die Temperatur mit niedrig und hoch.

Dann brauchen wir nochmal 8 Versuche, um diesen Faktor zu berücksichtigen.

Wir brauchen also 16 Versuche, mit denen wir prüfen ob das Schmiermittel einen Einfluss hat und 16 Versuche, mit denen wir prüfen, ob die Temperatur einen Einfluss hat. Insgesamt haben wir dann 24 Versuche.

Jetzt ist die Frage: Geht das auch mit weniger Versuchen? Und damit kommen wir nun zur Vollfaktoriellen Versuchsplanung.
Die Frage ist, warum wir jeden Faktor einzeln Prüfen müssen? Wir können auch eine Versuchsplan erstellen, der zusätzlich die vierte mögliche Kombination berücksichtigt, Fett und hohe Temperatur.

Wir brauchen natürlich immer noch 16 Versuche pro Faktor. Das erhalten wir, indem wir mit jeder der vier Kombinationen 4 Versuche machen.
Dann haben wir 8 Versuche mit Öl und 8 mit Fett und auf der anderen Seite 8 mit niedriger Temperatur und 8 mit hoher.

Insgesamt haben wir nun 16 Versuche. Vorher hatten wir 24 Versuche. Wir brauchen nun also weniger Versuche und erhalten sogar mehr Information.
Warum mehr Information? Wir wissen nun zusätzlich, ob es eine Interaktion zwischen Temperatur und Schmierung gibt, es kann z.B. sein, dass wir bei ÖL einen Unterschied in der Temperatur sehen und bei Fett nicht, diese Information wäre vorher verloren gegangen.
Einsparungen bei 3 Faktoren
Wenn wir nun nicht 2 Faktoren haben, sondern drei Faktoren, dann ist die Einsparung noch größer. Wenn wir bei drei Faktoren jeweils einen zurzeit prüft, brauchen wir 32 Versuche. Wenn wir nun beim einem Voll Faktoriellen design für jede Kombination 2 Versuche durchführen, brauchen wir weiterhin nur 16 Versuche.

Für jeden Faktor haben wir aber weiterhin 8 Versuche pro Faktorstufe. Z.B für den Faktor Schmierung haben wir 8 Versuche mit Öl und 8 Versuche mit Fett.

Vollfaktorielle Versuchspläne mit 3 Stufen
Natürlich können wir auch Vollfaktorielle Versuchspläne mit mehr als zwei Stufen erstellen. Der Faktor Temperatur könnte z.B. die drei Faktorstufen niedrig, mittel und hoch haben.

Anzahl der Versuche
Die Anzahl der erforderlichen Versuche steigt bereits bei einem voll faktoriellen Design mit jeweils 2 stufen mit zunehmender Anzahl der Faktoren sehr schnell an.

Beim Voll Faktorielle Design, ergeben sich die Anzahl der Versuche mit n = 2 hoch k. Wobei n die Anzahl der Versuche ist und k die Anzahl der Faktoren. Dazu hier eine kleine Übersicht. Wenn wir z.B. drei Faktoren haben, müssen wir mindestens 8 Versuche machen, bei 7 Faktoren sind es schon mindestens 128 und bei 10 Faktoren sind es bereits mindestens 1024 Versuche. Daher verwendet man Vollfaktoielle Versuchspläne in der regel nur bis maximal 6 Faktoren

Zu beachten ist, dass diese Tabelle für einen Versuchsplan gilt, wo jeder Faktor nur zwei Ausprägungen hat, ansonsten ergeben sich noch mehr Versuche.
Anzahl der Faktoren | Anzahl der Versuche |
---|---|
2 | 4 |
3 | 8 |
4 | 16 |
5 | 32 |
6 | 64 |
7 | 128 |
8 | 256 |
9 | 512 |
10 | 1024 |
… | … |
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